Batavias schwarze Kanäle

von Mo

Jakarta besitzt so etwas wie eine Altstadt. Es ist bloß nicht wirklich viel davon übrig geblieben. Im Wesentlichen sind es nur noch zwei, drei Gebäude, die ein bisschen Altertum ausstrahlen. Und dazu zähle ich jetzt mal nicht die Bauwerke, welche einfach nur verrottet, aber nicht historisch sind (also halb Jakarta). Wirklich antik ist beispielsweise das „Museum Fatahillah“ (Historisches Museum und ursprüngliches Rathaus), welches ich mir heute ansehen wollte. Dummerweise wollten das einige hundert Schulklassen auch und so hab ich das mal schön sein lassen.

Zweimal hat man mich überfallen, allerdings nur zum Interviewen. Einige Schulklassen hatten wohl die Aufgabe, Touristen aus der Menschenmenge zu fischen und ihnen diverse Fragen zu stellen. Nicht nur meine Antworten auf diese Fragen von historischer Bedeutung („Where are you from?“), auch meine Signatur schmücken jetzt die Poesiealben einiger indonesischer Mädchen.

 

Die Gegend an sich ist hier an Unattraktivität schwer zu überbieten. Genau in diesem nördlichen Zipfel der Stadt hatten die alten Holländer Anfang 1700 ihr „Batavia“ gegründet. Es lag – und liegt immer noch – in einer sumpfigen Küstengegend, welche mit Kanälen zum Abführen des Wassers durchzogen ist. Wenn unsere lieben Nachbarn ja schon immer eines konnten, dann war das Kanäle bauen. Und so ziehen sich die stehenden, brackigen und tiefschwarzen Gewässer auch heute noch durch diesen Teil der Stadt. Für die Slumbewohner ist das ein Segen, so braucht hier keine Müllabfuhr vorbeizukommen. Einmal im Jahr zur Regenzeit zieht dann Petrus die Spülung. Das muss reichen.
Ich hatte mich schon immer gefragt, wenn in Büchern vom „süßlichen Gestank der Verwesung“ die Rede ist, wie das wohl riecht. Jetzt weiß ich es und kann gern darauf verzichten.

Schon als James Cook mit seiner „Endeavour“ um 1770 herum in Batavia einen Zwischenstopp einlegte, konnte er den Aufenthalt nicht kurz genug halten. Ein Großteil seiner gesunden Matrosen hatte sich dank Mosquitos mit Malariafieber und allen möglichen anderen Krankheiten angefreundet. Wie er das fand, hat sein Biograph J. C. Beaglehole sehr realistisch beschrieben, hier ein Auszug:

„Batavia, said Cook, was certainly a place that Europeans need not covet to go to. ‘Founded by the Dutch on the ruins of Jakarta in the early seventeenth century, it had been instrumental in extending their empire through the East Indies, had sent vast riches to the Netherlands, seen the coming and going of fleets, had provisioned and loaded and mended them; gained a reputation as ‘Queen of the Eastern Seas’. It was a queen that stank to heaven, corrupt and filthy.“

Dem ist auch 240 Jahre später nichts mehr hinzuzufügen. Gerade die korrupte Polizei hat auch heute wieder einmal bewiesen, dass alles beim alten ist: mein Fahrer durfte nach einer Kontrolle erstmal etwas Bakschisch abdrücken, bevor es weiterging. Aber das hatte ich selbst ja auch schon erlebt. Wer sich für die Reisen von Capt’n Cook interessiert, dem empfehle ich das Buch „James Cook – Die Entdeckung eines Entdeckers„, da es auf sehr unterhaltsame Weise davon erzählt, wie der Autor der Cook’schen Route nachgereist ist.

Ach ja, Mittagessen gab es wieder im „Grand Duck King„. Neben Soft Shell Crab, Barbecue Duck und diversen Dim Sum habe ich wieder einmal Hühnerfüße probiert. Das unscharfe Schrottfoto zeigt ein einsames Füßlein in scharfer Sauce. Interessant ist, dass tatsächlich jede Zehe aus mehreren Knöchelchen besteht, ganz wie beim Menschen. Entsprechend umständlich ist das Essen und ich habe es dann auch aufgegeben.

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