Gut Essen auf Madeira

von Mo

Auch wenn die Madeirenser nicht gerade den Ruf haben, Weltküche aufzutischen, so bekommt man hier doch eine leckere Mischung von Fisch- und Fleischgerichten. Es zwingt einen ja niemand, in Funchal um die Mittagszeit den billigsten Touristenteller mit labberigem Schnitzel und Pommes zu essen.

Das war jetzt etwas fies, denn selbst die Touristenkost hat hier noch wirklich solide Qualität. Aber es geht auch besser! Und das ist nicht mal unbedingt sehr viel teurer. Folgende Speisen sollte man probiert haben:

 

Espada (Degenfisch)
Ein ziemlich langer und schmaler, schwarzer Fisch. Er treibt sich in über tausend Metern Wassertiefe herum und wird mit Angeln gefischt. Beim Hochziehen verfärbt sich seine Haut ins Schwarze. Interessant ist, wie hinterlistig er jagt. Normalerweise schwimmt er mit schlängelnden Bewegungen durch die Gegend und genießt die Ruhe der Tiefsee. Doch wenn er Beute wittert, schießt er lang gestreckt wie ein Stock direkt auf sein Opfer zu. Da er so schmal ist, sieht er von vorne nicht sehr bedrohlich aus und kann sich auf diese Weise seine verdutzte Beute schnappen. Der Haken an dieser Theorie ist nur, dass es da unten eigentlich gar kein Licht mehr gibt und das Opfer den Espada sowieso nicht sehen kann… aber egal, es ist ne tolle Story und wenn’s auf Wikipedia steht, muss es einfach stimmen.

2013 Madeira (142) espada degenfisch

Aber jetzt zum Essen. Der Espada wird in Scheiben geschnitten serviert und sieht dann aus wie seine Kollegen Schwertfisch, Marlin oder Thun. In der Pfanne gebraten landet er auf dem Teller wie ein Steak; der einzige Wirbel lässt sich leicht um-essen bzw. einfach herauslösen, so dass man nahezu grätenfreien Fischgenuss erlebt. Auch für Fischverachter ein Versuch, denn fischig schmeckt der Espada nicht.

Espetada (Fleischspieß)
Klingt fast wie der „Espada“, ist aber Rindfleisch am Spieß. Eigentlich nicht sehr spektakulär, eher wie ein in Stücke gehauenes Rumpsteak, das man auf einen Metallstab gespießt hat. Die Art der Darreichung ist hier das Besondere: der Spieß ist etwa einen Meter lang und wird entweder in einem tragbaren Ständer, der aussieht wie eine Halterung für Ofenwerkzeug, serviert. Oder aber der Spieß wird direkt am Tisch eingeklinkt. Manche Tische haben hierfür extra ein Loch in der Mitte, das keinen Sonnenschirm aufnimmt sondern ein vierkant Stahlprofil, in das sich die Spieße direkt einhängen lassen! Fehlt nur noch eine Machete zum Abernten des Spießes, dann käme echtes Gaucho-Feeling auf. Man kann die Fleischstücke aber auch einfach abziehen, ohne ein Massaker zu veranstalten.

2013 Madeira (78) espetada fleisch spiess lorbeer

Besonders gut schmeckt das Fleisch, wenn zwischen den Stücken frische Lorbeerblätter mitgeröstet werden. Das soll wohl ein wenig darüber hinweghelfen, dass der Espetada zu ganz ursprünglichen Zeiten traditionell mit Ästen des Lorbeerbaumes zubereitet wurde. So viel Lorbeerholz hat es hier nicht mehr, daher nun also mit Metallspieß.
Auf das oberste Fleischstück legt man noch einen Batzen Kräuterbutter, der im Laufe des Schlachtfestes über das Fleisch rinnt und am Boden der Vorrichtung eine schmackhafte Blut-Butter-Sauce bildet. Diese lässt sich ganz vorzüglich aufstippen mit…

Bolo de caco (Knoblauchbrot)
Hierbei handelt es sich um sehr weiches, fladenartiges Brot, das einmal horizontal aufgeschnitten wird. Man kann es sich vorstellen wie fluffiges Pizzabrot oder Lángos. Frisch aus dem Ofen und mit ordentlich Knoblauchbutter bestrichen ist es ein Genuß (wie ja eigentlich alles, was frisch aus dem Ofen kommt).

2013 Madeira (76) bolo de caco knoblauchbrot

 

Milho frito (frittierte Maiswürfel)
Wenn wir schon bei den Beilagen sind, hier also eine weitere. So kreativ wie die Südtiroler sind die Madeiraner zwar nicht, aber auch sie können aus Polenta tolle Sachen herstellen. In diesem Fall handelt es sich um in Fett ausgebackene Würfel oder Stäbchen aus Maismehl, die gern an Stelle von Pommes serviert werden. Sehr empfehlenswert, weil einfach lecker. Die Teile kommen auch nicht so wuchtig rüber wie das alpenländische Polenta. Solche außen knusprig und innen weichen Mais-Pommes habe ich dort jedenfalls noch nicht gesehen.

2013 Madeira (79) milho frito mais polenta

Bolo de Mel (Gewürzkuchen)
Gewürzkuchen gibt es in vielen Ländern. Bei uns läuft er unter „Lebkuchen“, so wie man ihn an rheinischen Sauerbraten gibt, um die leicht süßliche Sauce zu erhalten. Die Franzosen nennen ihn „Pain d’Epice“ und halten ihn im Burgund, rund um Dijon für etwas einzigartiges. Letztendlich ist es ein sehr süßer, nach Lebkuchen schmeckender Kuchen, der noch ein paar Nüsse und Trockenfrüchte enthält. Die Version aus Madeira wird natürlich mit Zuckerrohrsirup gesüßt und es gibt ihn traditionell zur Weihnachtszeit. Er taugt gut als Mitbringsel und hält dank dem hohen Zuckergehalt ewig. Als Dessert und Magenschließer passt er prima zu einem Gläschen Madeira, beispielsweise einem Bual oder Malmsey. Besonders frischen Bolo de Mel gibt es in der Zuckerrohr Fabrik in Calheta, siehe auch den separaten Artikel.

madeira bolo de mel gewürzkuchen

Lapas (Napfschnecken)
Napfschnecken kann man tatsächlich essen. Hier das Highlight zum Schluss, die urtümlichen „Lapas“. Jeder hat diese krustigen Beulen schonmal gesehen, wie sie an den vom Meer umspülten Felsen kleben. Als Kind hatte ich italienischen Männern teils mit Faszination, teils mit Ekel, dabei zugesehen, wie sie die Napfschnecken mit einem Taschenmesser vom Stein gehebelt und gleich an Ort und Stelle ausgeschlürft haben. Jetzt kam ich endlich in den Genuss, diese Arme-Leute-Austern auch einmal zu probieren. Allerdings im gebackenen Zustand, mit reichlich Kräuterbutter und Zitronensaft garniert. Der freundliche Wirt des Café Klenk, wo ich die Woche über gegessen hatte, war so nett, mir eine Portion zuzubereiten. Normalerweise stehen die Lapas nicht auf der Karte. Sie sind etwas gewöhnungsbedürftig, da sie eine knorpelige Konsistenz haben und auch viel Seetang – oder „Seemoos“ – mitbringen. Wer Weinbergschnecken mag, dem werden jedenfalls auch Lapas schmecken. Recht ähnlich im Geschmack sind die kleinen Meeresschnecken namens „Bulot„, wie sie die Franzosen servieren. Und sogar die fette „Conch„-Muschel aus der Karibik ist eigentlich eine Schnecke. Dort gibt es so viele davon, dass man daraus sogar Gulasch macht. Und zwar ein richtig leckeres.

2013 Madeira (122) lobos schnecken
Aber zurück zu den Lapas. Eigentlich müsste man sagen „Bio-Lapas“. Denn im Gegensatz zu Weinbergschnecken müssen Lapas nicht erst über Salz kriechen, um ihren Schleim zu verlieren. Und gezüchtet werden sie auch nicht. Man kommt also in den Genuß von quasi „freilaufenden“, wilden Napfschnecken, die ein garantiert glückliches Napfschneckenleben hatten!

Natürlich gibt es noch eine Menge anderer Köstlichkeiten auf Madeira zu erkunden. Weitere portugiesische Gerichte findet man bei Wikipedia. Oder auch hier und hier.

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