Die Chinesische Mauer ist vom Weltraum aus nicht zu sehen. Tut mir leid. Das ist tatsächlich ein Mythos, den auch der erste Chinese im All schließlich kleinlaut dementieren musste. Trotzdem, die Mauer ist immer noch gigantisch. Rauf geht es mit dem Sessellift, runter mit dem Sommer-Bob. Dazwischen ist Raum für Muskelkater, Sonnenbrand und Propagandageflüster.
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Mit dem Lift rauf, mit dem Bob wieder runter
Vor sehr vielen Jahren besuchten wir unsere Verwandtschaft in Süddeutschland und kamen so in den Genuss, auf einer Sommer-Bob-Bahn zu rodeln. In einer schlangenförmigen Halbröhre aus Edelstahl saust man mit seinem Bob den Berg hinab und hat einen Heidenspaß. Kaum 25 Jahre später sollte ich diese Konstruktion wiedertreffen. Allerdings am anderen Ende der Welt.
Denn China baut nicht nur abgewrackte Eisenhütten im Ruhrgebiet ab und verschifft sie nach Hause, sondern nimmt auf dem Weg dorthin auch noch allerhand anderen Krimskrams mit.
Und so kommt es, dass man die Chinesische Mauer bei Mutianyu am einfachsten mit einem klassischen Sessellift erklimmt und mit einem süddeutschen Sommerbob wieder verlässt. Es gibt natürlich noch andere Orte, an denen die Chinesische Mauer touristenreif restauriert wurde. Aber Mutianyu ist besonders deshalb empfehlenswert, weil es dort noch ein wenig ruhiger zugeht als an den anderen Abschnitten. Es hat Wald und Natur, das ist nicht die schlechteste Atmosphäre, um dieses Kulturerbe zu besichtigen.
Stufen in allen Größen
Von Normen à la DIN, ISO und anderen hat man im alten China komischerweise noch nichts gehört. Deshalb sind die Treppenstufen auch abenteuerlich konstruiert. Mal erklimmt man sie mit einer Höhe von 40 cm, mal ist die Stufe nur ein kleiner Absatz, über den man nichtsahnend stolpert. Die Mauer selbst folgt immer dem Kamm der Hügelkette. Sie geht also mal steil nach unten und mal senkrecht nach oben. Analog dazu wächst oder schrumpft die Stufenhöhe. Diese Bauweise ist zwar aus touristischer und wirtschaftlicher Sichtweise idiotisch. Aus militärischer Sicht allerdings die einzig wahre Lösung. So haben die Verteidiger immer die optimale Position, um angreifenden Hunnen in den Feuertopf spucken zu können.
Zwei Dinge sollte man als verweichlichte Weißnase nicht vergessen: Sonnencreme gegen Sonnenbrand und Magnesium gegen den Muskelkater. Und Ohropax gegen die chinesische Propaganda aus den überall verteilten Lautsprechern („The eagle flies over this beautiful country, blah, würg…“).
Mein Agent, Herr Yang
Wie kommt man von Peking zur Großen Mauer? In meinem Fall ganz einfach per Chauffeur. Am besten mal im Hotel nachfragen. Hier wird man gern mit dem ortsansässigen Monopolisten „Mr. Yang“ verbunden. Bei diesem „Mann“ handelt es sich um eine Firma, die hinter den Besucherparkplätzen an der Mauer im Inneren des Areals ansässig ist und so eine Art rundum sorglos Paket schnürt. Man zahlt für den Transfer vom Hotel zur Mauer und zurück. Dazu kommt die Fahrt mit Lift und Bob sowie Mittagessen nach Wunsch. Mr. Yang sammelt die Kohle ein und schleust einen überall durch. Wer denkt, damit übervorteilt zu werden, irrt. Es werden die regulär ausgeschriebenen Preise berechnet. Ein Tagesausflug für unter einhundert Euro alles inklusive, das ist nicht schlecht. Mit mehr als nur einer Person wird es natürlich erst wirklich attraktiv und entsprechend billiger pro Kopf.
Hat man Aufstieg, Wanderung und Abfahrt gemeistert, kann man schließlich noch einen Kaffee im Starbucks am Fuße der Mauer zu sich nehmen. Und dazu einen Sandwich von Subway essen. Da sag ich nur:
Tod dem Kapitalismus!
* schlürf *
Es lebe die Revolution!
*knurps*
Auf zum großen Sprung! Vorwärts, Genossen!
*burps*
Das war sie wieder, die chinesische Ambivalenz.
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