In der Region rund um Parma geht es um Schinken und Käse. Wir haben uns eine Käserei für echten Parmigiano Reggiano angesehen. Und wer hätte das gedacht: es steckt sogar etwas Deutsches im Parmesan…
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Parma in der Reggio Emilia
Unsere frühsommerliche Urlaubsreise hat uns diesmal durch den Norden von Italien geführt. Wobei Florenz eigentlich schon stark auf dem Weg in den Süden liegt. Die Rückreise ging jedenfalls über Mailand und kurz davor befindet sich Parma. Nachdem die offiziellen Museen zum Thema Schinken&Käse nur einen Tag in der Woche geöffnet hatten, musste auf die Schnelle ein Hersteller von entweder Parmaschinken oder Parmesankäse gefunden werden. Und nach kaum einem Abend Recherche am Handy (die Webseite des Tourismusverbandes ist unsäglich…) hatten wir schon einen Termin in der sehr authentischen Käserei „Saliceto“ für echten Parmigiano Reggiano vereinbart.
Die Hazienda und Käserei Saliceto
Zwischen Parma und dem Mittelmeer im Süden liegen die Apenninen, ein Gebirgszug, an dessen Hängen sich die Rinder der Societa Agricola tummeln dürfen. Sie selbst nennen das ihre „Hazienda“, wie die Spanier. Nur aus diesen freilaufenden Tieren stammt die Bio-Milch für den Hartkäse. Wenn ich das während der Führung richtig verstanden habe, dürfen sie sich allerdings nicht „Bio“ nennen, da die Tiere eben frei herumlaufen und das zu sich nehmen, worauf sie in der freien Natur Lust haben. Und da kann schonmal ein nicht-bio-zertifizierter Grashalm dabei sein. Und die Kälber dürfen länger als üblich bei ihren Müttern bleiben und weniger impfen müssen sie insgesamt auch. Es ist also das Paradies auf Erden, wenn man hier als Rindviech auf die Welt kommt. Aus den älteren Kühen wird später schonmal ein Bistecca alla fiorentina, aber das ist eine andere Geschichte (und es wird eigentlich auch aus jüngeren Rindern gemacht).
Die Firma Saliceto ist streng genommen nichts Besonderes, sondern nur eine von vielen Käsereien. Denn rund um Parma wimmelt es nur so von Schinken- und Käseproduzenten. Kein Wunder, denn von hier aus wird die ganze Welt mit Nachschub versorgt. Die Buchung der Führung ging über das Formular auf der hauseigenen Webseite recht flüssig. Nur mussten wir mehrfach darauf bestehen, nicht an der englischen, sondern an der italienischen Führung teilzunehmen. Das kostet zum einen nur die Hälfte und zum anderen kommt man in den Genuss einer Führung durch eine der Inhaberinnen des Hauses. Und niemand sonst kann so voller Inbrunst von der Käseherstellung schwärmen wie eine Signora, der der Laden gehört und die voll und ganz hinter dem steht, was ihre Familie hier produziert. Und das, obwohl sie ihre Story bestimmt mehr als einmal am Tag erzählt. Wir waren jedenfalls beeindruckt von dem Herzblut, das hier fließt.
Wie stellt man Parmesan her?
Der eigentliche Prozess der Käseherstellung ist im Groben und Ganzen immer gleich:
- Die Milch wird frisch gesammelt und in großen Bottichen aus Kupfer erhitzt.
- Es wird ein Gerinnungsmittel hinzugegeben und nach einer Weile erstarrt die Milch und darf jetzt Frischkäse genannt werden.
- Die erstarrte Masse wird aufgebrochen und mit einem Rechen in Stücke zerteilt. Der stückelige Frischkäse wird abgeschöpft und in Formen gefüllt. Nach einer gewissen Zeit ist der Frischkäse so fest geworden, dass er auch ohne Form hält.
- Nun wandern die Käselaibe in ein hoch konzentriertes Salzbad und bleiben dort für recht viele Tage.
- Schließlich werden die Laibe eingelagert und während der Reifung immer wieder gedreht und abgebürstet.
- Nach der gewünschten Reifezeit von einem, zwei oder mehr Jahren kommt der Käse in den Verkauf.
Beim Salzbad, in welchem die Käselaibe in hochkonzentrierter Salzlake lagern, fiel mir ein lustiges Detail auf: in einer Ecke des Raumes stapelten sich die weiß-blauen Zentnersäcke mit Salz von „Kali und Salz“ aus Kassel! Wenn man bedenkt, dass der fertig gereifte Käse etwa 2% Salz enthält, dann ist der echte Parmesan streng genommen nur zu 98% ein Italiener… Aber vielleicht fördert K+S auch in Italien, wer weiß das schon so genau.
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Auch wenn der Käsereiprozess so einfach erscheint, so liegt doch der Teufel im Detail. Denn nicht umsonst gibt es hunderte von Käsesorten! Und diese Details kann man variieren:
- Nimmt man Vollmilch oder schöpft man die Sahne ab? Oder mischt man Vollmilch und entrahmte Milch?
- Nimmt man die Milch der Melkung am Morgen oder die vom Abend oder mischt man beide?
- Lässt man die Milch fermentieren wie für den Grana Padano? Oder pasteurisiert man sie?
- Wie hoch wird die Milch vor der Gerinnung erhitzt?
- Welche Art von Gerinnungsmittel wird zugesetzt?
- Wie lange und unter welchen Bedingungen wird der Käse gereift und gelagert?
All das sind die entscheidenden Faktoren der Käseherstellung und natürlich auch das Betriebsgeheimnis der Firma Saliceto, welches am Ende zu einem wohlschmeckenden und mit Siegel zertifizierten Parmesan führt. Wobei „Betriebsgeheimnis“ relativ zu verstehen ist, denn nach hunderten von Jahren der Parmesanherstellung hält sich die Menge der Geheimnisse sehr in Grenzen. Das weiß auch die Konkurrenz und so gibt es findige Käsehersteller, die den gesamten Prozess der Käseherstellung ins osteuropäische Ausland verlagern und nur den letzten Schritt, die Reifung, in Italien durchführen. Damit handelt es sich zwar immer noch um keinen „Parmigiano Reggiano“ aber immerhin um „italienisch“ genannten Hartkäse. Man achte einmal im Supermarkt auf die etwas günstigeren Hausmarken der Discounter.
Parmesan im Geschmackstest
Nachdem die Gruppe nun alles über Kühe, Käse und Salz erfahren hatte, war es an der Zeit, die eigene Nase einzusetzen. Die letzte Station der Führung ging nämlich in den Raum für Portionierung und Verpackung. Zunächst werden hier die fertig gereiften Käselaibe mit Zirkel und Lineal vermessen. Die Größe ist nicht immer exakt gleich, daher muss das genaue Zentrum des Käses (von oben betrachtet) und die Mitte (von der Seite betrachtet) bestimmt werden. Der Laib wird horizontal halbiert und sofort strömt ein angenehm würziger, süßlicher und umamiartiger Geruch in den Raum! Jeder bläht die Nüstern und die Signora des Hauses bittet uns, doch ganz einfach direkt am Käse zu schnuppern. Madonna, was für ein Aroma…
Nun werden noch die typischen Kreisausschnitte in verschiedenen Größen ausgestochen und schon können die Stücke gewogen und verpackt werden. Sehr wenige der Wagenräder entsprechen nicht den hohen Qualitätsanforderungen für Parmigiano Reggiano. Zum Beispiel, wenn sich während der Reifung im Inneren Luftblasen gebildet haben. Da eine 100%-Kontrolle mit Hilfe eines Hämmerchens erfolgt, fliegt ein dumpf klingender Käse sofort aus dem Verkauf. Und ja, wir durften alle mal klopfen.
Endlich durften wir draußen im Probierzelt unsere Hygienekappen für Haare und Füße abnehmen und uns an die vorbereiteten Plätze setzen. Für jeden gab es ein kleines Gedeck bestehend aus Frischkäse der aktuellen Tagesproduktion und Parmesan im Alter von 12, 24 und 36 Monaten. Wir folgten natürlich brav der Empfehlung der Signora und probierten in der Reihenfolge von jung nach alt. Unsere Erkenntnis: so einen frischen Frischkäse hätten wir zu Hause gerne jeden Tag! Und der Parmesankäse war in jeder Altersstufe ein Genuss. Wobei die beiden jüngeren gut zum puren Verzehr geeignet sind während der älteste aufgrund seiner Intensität tatsächlich besser in geriebener Form auf die Pasta gehört. Er ist es auch, den meine eigene Signora so beschrieb: „…das ist also der mit dem Kotze-Aroma!“. Etwas respektlos, aber nicht ganz von der Hand zu weisen. Aber Gemüsebrühe probiert man ja schließlich auch nicht pur. Die beiden jüngeren zusammen mit etwas Honig oder gutem Balsamico und dann fehlt eigentlich nur noch ein Chianti zum Glücklichsein.
Später im Handel wird der 2-jährige Parmesan etwa 24 Euro pro Kilo kosten. Hier im Hofladen geht er für knapp 20 Euro über die Theke und der 1-jährige für gut 15 Euro. Verschenkt wird er also auch hier nicht, aber bei den üppigen Mitbringselmengen, die wir geordert haben, war es ein lohnendes Geschäft für uns. Erst recht, wenn man sich als deutscher Restaurantinhaber gleich mit einem halben Parmesan-Laib von gut 20 Kg eindecken möchte. Dieser wird ja gerne mal zu Showzwecken vor den Gast gerollt und darin die heiße Pasta geschwenkt. Dann ist der Wirt mit 300-400 Euro dabei.
Ab in den Einkaufswagen
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