ISAF Sicherheitstraining – Überleben auf See

von Mo

Wie kann ich Brände an Bord bekämpfen? Wie funktioniert eine Wiederbelebung? Löst meine Rettungsweste aus und wie schaffe ich es in eine Rettungsinsel? Wer es genau wissen will, nimmt teil an einem Sicherheitstraining.

Wer hier mitmacht

Mönchengladbach ist nicht der offene Atlantik und die Kothausener Feuerwehr versprüht einen etwas anderen Charme als das New York Fire Department. Aber man kann in diesem zweitägigen Kurs der Firma „Sailing Island“ dennoch hervorragend üben, was einem auf See im Ernstfall passieren kann. Sei es das Löschen eines Feuers in der Pantry, die Wiederbelebung eines über Bord gefallenen Mitseglers oder das Besteigen einer Rettungsinsel. „Überleben auf See“ heißt dieser von der ISAF zertifizierte Kurs.

 

Nur wenige der hier im Raum sitzenden Teilnehmer brauchen die Bescheinigung wirklich. Sie ist beispielsweise zur Teilnahme an größeren Regatten vorgeschrieben, wie der „Atlantic Ralley for Cruisers“. Zwei Männer aus dem Kreis der Teilnehmer haben eine solche Atlantiküberfahrt bei „Sailing Island“ gebucht (geht auch woanders), andere sind einfach neugierig oder wollen ihre Kenntnisse wieder auffrischen. Mich selbst hat es hierhin eher durch Zufall verschlagen. Eigentlich sollte es diesen Herbst noch ein Schwerwettertraining werden. Diese Fahrten sind leider schnell ausgebucht und so wendete ich mich dem thematisch recht nahe stehenden Thema „Überleben auf See/Survival at Sea“ zu.

Der Kurs wird vom Leiter der Segelschule – Markus Seebich – und anderen Dozenten gehalten. Ein Großteil der Inhalte besteht natürlich aus grauer Theorie, die uns über dafür um so buntere Powerpoint Folien ins Kleinhirn gehämmert wird. In so einem Fall bin ich immer wieder froh, wenn die Dozenten schon im gesetzteren Alter sind und auf viele Segeljahre zurückblicken können: sie erzählen einfach die spannendsten Stories! Bei nahezu jedem Thema folgt eine Anekdote und das lockert die Theorie doch ordentlich auf. Das gefiel mir schon damals beim Kurs für den SBF See in Kühlungsborn.

Warum ich hergekommen bin, ist aber die Praxis! Ein Bestandteil des Kurses ist die Übung zur Wiederbelebung von Menschen mit Herzstillstand. Dann wird auch der Umgang mit dem Feuerlöscher geübt und schließlich, ganz am Ende, kommt der Blockbuster, weswegen wir eigentlich alle hier sind: die Übung im Wasser, das Training zum Besteigen und Handhaben von Rettungsinseln, während man selbst in voller Montur baden geht. Hier die Übungen im Einzelnen.

Wiederbelebung bei Herzstillstand

Ein Mitarbeiter vom Deutschen Roten Kreuz baut zwei Personen-Dummies auf und jeder Teilnehmer darf mal ran. 30 mal aufs Brustbein drücken, dann 2 Mal Mund-zu-Mund Beatmung. Das Pressen, also die Herzdruckmassage, sollte etwas schneller als einmal pro Sekunde erfolgen, etwa 100 Mal pro Minute. Beim Beatmen kräftig reinpusten in den Menschen, der hält das aus. Wer im Detail nachlesen möchte, wie eine Herz-Lungen-Wiederbelebung funktioniert, kann das hier tun.

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Handhabung eines Feuerlöschers

Feuerlöscher sind nützlich, wenn man sie hat und regelmäßig warten lässt. Nachdem der Dozent einen Stoß aus einem Pulverlöscher ablässt und damit halb Kothausen vernebelt, ist uns allen klar, dass wir so ein Teil nicht an Bord haben wollen. Das unheimlich feine Pulver würde sich im ganzen Boot absetzen und schon ein kleiner Brand wäre wirtschaftlich gesehen ruinös. Geübt wird hier mit den teuren CO2 Löschern. Die Fauchen zwar kräftig, hinterlassen aber keinerlei Spuren. Mit einem Schaumlöscher geht es auch, den werde ich mir wohl demnächst anschaffen und das kleine 1 Kg Pulverspielzeug ausmisten. Ein so kleiner Feuerlöscher würde nur für wenige Sekunden reichen. Selbst die 2 Kg Geräte waren schon nach 20 Sekunden leer.

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Hier noch eine Fettexplosion, so wie sie die Kamera sieht. Will man auch nicht in der Kombüse haben.

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Düsseldorf ist um die Ecke, da kommen die Toten Hosen her. Und was macht der Campino gerne? Richtig, Bengalos anzünden. Unter Seglern nennt man so eine Handfackel „Seenotsignal„, macht aber genauso Laune.

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Rettungsinsel & Co.

Das Training im Wasser findet im Düsseldorfer Hallenbad statt, gleich neben der Messe. Im Januar ist hier wieder die boot angesagt, wo man nagelneue Yachten besichtigen kann, die weniger für Sicherheit auf See als auf Wohnkomfort im Hafen ausgelegt sind. Ich bin jetzt vor allem auf eines gespannt, nämlich ob und wie meine Rettungsweste auslösen wird. Im Gegensatz zu dem armen Tropf, dessen Weste nach einem kurzen „plopp“ gleich wieder in sich zusammenfiel, blieb meine stabil und ich konnte wie ein aufgeblasenes Ballonmännchen durch das Becken treiben.

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Da ich Brillenträger bin, musste für diese Übung eine alte Brille herhalten. Aber zusammen mit diesen kleinen Gummierweiterungen an den Bügeln und einer schützenden Hand vor dem Gesicht überstand sie den Sprung vom 3 Meter Sprungbrett unbeschadet. Gut zu wissen. Diese „Brillenbügel Endgummis“ zum Aufstecken bekommt man beim Optiker für wenige Cent. Im Gegensatz zu einer Kordel oder einem Brillenband kann sich hier nichts verfangen und es hält wirklich bombig.

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Die Tücken der Rettungsweste

Das Tragen einer aufgeblasenen Weste im Wasser ist ziemlich unangenehm. Man sieht auch nicht sehr viel, da einem die Lufttaschen die Sicht versperren. Damit zu Schwimmen geht ebenso schlecht und sobald man versucht, die Rettungsinsel zu entern, versperren einem die Schwimmkörper den Weg. Es ist also sinnvoll, über das Ventil einiges an Luft abzulassen. Auf dem selben Weg kann man auch leicht wieder Luft hineinblasen, die Gaspatrone ist also nur für das erste automatische Aufblasen notwendig. Das ist besonders dann wichtig, wenn man ohnmächtig über Bord geht, was nach einem Schlag mit dem Großbaum schnell vorkommen kann. Rettungswesten gibt es in verschiedenen Größen mit unterschiedlichem Auftrieb.

Ich kann nur jedem davon abraten, sich eine zu große Weste zu kaufen, nur weil dort „Hochseetauglich“ draufsteht. Die Weste muss den Menschen selbständig in die Rückenlage drehen können, falls dieser ohnmächtig ist. Nicht mehr und nicht weniger. Selbst ein großer und schwerer (nicht dicker!) Teilnehmer des Trainings, ein Mann mit sicherlich über 100 Kg Lebendgewicht wurde aber von den riesigen Schwimmkörpern seiner 275N Weste eher erdrückt und behindert, als dass sie ihm genützt haben. Für mich mit meinen knappen 70 Kg inklusive Schwerwetterkleidung reicht eine Weste mit 150N Auftrieb locker aus. Schon mit einer 220N Weste würde ich wahrscheinlich wie ein Heißluftballon vom Winde verweht werden…

Auch ein Schrittgurt wäre hilfreich gewesen, der leider bei fast keiner Weste mehr angebracht ist. Zwar dauert das Anlegen länger, aber dafür sitzt man besser festgeschnallt im Wasser und kann auch leichter abgeborgen oder in die Rettungsinsel gezogen werden.

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Wenn man dann schließlich zu acht in dieser Rettungsinsel mehr oder weniger übereinander gestapelt drinsitzt, wird einem bewusst, dass das „in echt“ kein Spaß wäre. Es ist eng, man sitzt in einem Wasserbecken, das im Ernstfall eiskalt wäre. Man bekommt schlecht Luft und sobald einer kotzen muss oder andere Körperfunktionen sich bemerkbar machen, ist es eh vorbei. Man möchte es sich nicht vorstellen.

Fazit: macht Spaß und ist sinnvoll

Fazit dieses Überlebenstrainings: es ist nicht ganz billig, aber sehr sinnvoll. Man erhält einen Rundumschlag an sicherheitsrelevanten Themen. Wobei die Wiederbelebung bei Herzstillstand und das Handling eines Feuerlöschers auch im Leben abseits des Segelbootes relevant ist. Und Spaß macht das ganze natürlich auch. Es ist vielleicht wie bei einem Fahrsicherheitstraining für das Auto: hinterher hat man einfach mehr Vertrauen in die eigene Ausrüstung und das eigene Können.

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