„Wir sind jetzt in Klintholm. Das ist ein gemütlicher Hafen am äusseren Zipfel der Insel Mön. Hier gibt es auch das Kap mit den weißen Kreidefelsen. Mit dem High-Speed Katamaran vom Jelle sind wir 2005 hier schon vorbeigefahren, aber mit 13 Knoten statt mit 4. Eigentlich wollten wir gestern schon herfahren, aber diese ewig lange Bucht zieht sich unheimlich. Und so sind wird dann stattdessen in Hesnaes gelandet.
Da war es ziemlich voll, ist gerade Hauptsaison und spitzen Wetter, also sind die regulären Plätze ab 17 Uhr alle schon weg. Ich habe dann eine dicke Bavaria 46 gefragt, ob wir längsseits liegen dürfen und so haben wir es dann gemacht. Das Schiff war von einem Urlaubsveranstalter mit Skipper drauf und die wollten heute schon recht früh los. Also haben wir um 8 Uhr schon den Hafen verlassen. Heute habe ich alles selbst gemacht, so als ob ich allein an Bord wäre. So ein bisschen war ich das auch, da Jürgen die gestrigen Rum-Cola nicht so gut weggesteckt hat, höhö. Bis auf das Anlegemanöver ging das auch gut. Kurs abstecken, Segel setzen, mit Autopiloten hantieren, Navigieren das ging alles prima. Die Karte vom Hand-GPS funktioniert auch seit Gedser, ich brauche also nicht mehr jedesmal in die Kajüte rennen, die GPS Koordinaten auf die Karte übertragen und kucken wo ich bin. Gute Sache, so eine digitale Seekarte.
Vor Klintholm habe ich das Schiff dann klar fürs Anlegen gemacht, also Segel runter, Leinen klar machen und Fender montieren während das Boot selbst weiter im Wind fährt. Heute wollte ich es komplett alleine machen das Anlegen, aber es ging natürlich schief. Egal, jeder Versuch bringt einem wieder mehr Erfahrung. Und das Boot ist ja auch robust, den Steg hat es heute jedenfalls geküsst…! Morgen habe ich vor, das Anlegemanöver wieder mit Jürgen zu fahren, das sollte dann klappen mit zwei Personen. Alleine beide Heckleinen über die Pfosten zu werfen ist schwer und das Schiff ist dann meist schon abgetrieben und liegt quer in der Box – ein Traum.
Momentan ist wie gesagt das Wetter traumhaft, 3 Beaufort Wind und ne Menge Sonne. Hoffentlich bleibt das so. Die erste Woche war schon ganz schön deprimierend mit dem ewigen Regen und Starkwind, draussen auch Sturm (aber ohne uns). Zwischendurch hatten wir ordentlich Welle, und das kickt einen richtig durch die Gegend. Auf der dicken Bavaria 46 habe man nichts davon gemerkt, hieß es… das sind wirklich verschiedene Welten.
Als nächstes steht der „Sprung“ nach Schweden an. Falls wir von hier aus rüber fahren, wären das gute 40 Seemeilen, was bei unserem Bootchen bedeutet, bei passablem Wind mindestens 10 Stunden unterwegs zu sein. Falls wir erst weiter nördlich queren, geht es schneller aber natürlich ist der Weg insgesamt dann länger.
Schönen Gruß in die Runde, und alle, die sich fürs Mitsegeln angekündigt haben bitte ich darum, langsam etwas konkreter zu werden. Sonst muss ich andere Leute auftreiben, denn das Alleinesegeln ist doch wesentlich unlockerer als zu zweit oder zu dritt.“
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Ich hatte mir wirklich den idealen Zeitpunkt für meinen Segeltörn ausgesucht: mitten in der Hauptsaison! Die Häfen sind dann meistens schon am frühen Nachmittag überfüllt und man findet keinen regulären Boxenplatz mehr. Heute würde es mir natürlich viel leichter fallen, irgendwo noch eine Nische zu finden. Aber als wir in Hesnaes einliefen, war die Ratlosigkeit doch erstmal groß. Später habe ich dann mitbekommen, wo man sich als kleines Bootchen noch so überall reindrücken kann. Dazu kommt, dass es an der Ostsee üblich ist, im Päckchen zu liegen. Zur Not auch mal gegen den Willen des anderen. Schließlich braucht jeder einen Platz, und so sollte es selbstverständlich sein, es später kommenden Yachten zu ermöglichen, längsseits zu liegen. Im Mittelmeer ist das dagegen total unüblich, daher waren Jürgen und ich anfangs sehr zögerlich. Später sollten wir noch sehr viel größere Päckchen sehen.
Die maritime Bevölkerung auf der Ostsee hat eine Altersstruktur von 60 Jahren aufwärts. Das führt dazu, dass spätestens morgens um 8 Uhr schon ausgelaufen wird. Wie sonst sollten sich die Senioren auch frühzeitig einen guten Platz im nächsten Hafen sichern? So ganz habe ich es bis heute nicht begriffen, warum man sich ein Boot im Wert eines Einfamilienhauses kaufen soll, nur um damit von Hafen zu Hafen, von Box zu Box zu fahren und dort mit einer Distanz zum nächsten Nachbarn von weniger als einer Armlänge zu liegen.