Die frankfurter Galopprennbahn gibt es seit 1864. Jetzt hat die Stadt sie an den Deutschen Fußball Bund verhökert und ihr letztes Stündlein hat geschlagen. Wir waren dabei, als das (wahrscheinlich) letzte Rennen lief.
Obwohl vertraglich zwischen der Stadt Frankfurt und dem DFB soweit alles unter Dach und Fach war, wurden auf der Rennbahn weiterhin fleißig Rennen veranstaltet, so als ob nichts wäre. Und auch so, als ob es keine festgelegten Termine für die Räumung des Geländes gäbe. Dem Schicksal ins Gesicht spuckend, pochte der Frankfurter Rennclub auf bestehende Verträge und veranstaltete einfach weiter ein Rennen nach dem anderen. Das letzte war am 15. November und man kann es nicht anders beschreiben als einen prallen Event für die ganze Familie, das Unmengen von Zuschauern anzog.
Im Gegensatz zu gängigen Vorurteilen ist das Reiten selbst zwar ein teurer Sport. Das Zugucken an der Rennbahn ist dagegen billiger als ein Kinobesuch und man kann den halben Tag dort verbringen. Die Imbiss-Stände verkaufen ihre Bratwurst, den Espresso, die Crêpes und den Piccolo zu anständigen Preisen. Es ist billiger als auf jedem Bauernmarkt. Das Publikum ist bunt gemischt und es werden vereinzelt sogar ein paar elegante Hutträgerinnen gesichtet. Hier und dort ein Dandy mit Tweedjacke und Knickerbockern… da kommt Flair auf! Die meisten laufen allerdings rum wie immer und schenken dem eigentlichen Rennen auch nicht mehr Beachtung als es verdient hat.
Wie läuft das ab, so ein Galopprennen? Zunächst mal das Wichtigste: man ist ständig auf Achse. Als erstes deckt man sich mit Wett-Zetteln ein. Hier drauf werden die Tipps notiert. Bevor man aber auf ein Pferd setzt, sollte man es sich zunächst einmal im Führring anschauen. Wirkt es unruhig und tänzelt auf und ab? Könnte heißen, dass es kaum zu bändigen ist und eine Spitzenzeit hinlegt! Könnte aber auch heißen, dass ihm die Nerven durchgehen und es keinen einzigen Platz gutmacht.
Jetzt wirft man einen Blick auf die große LED-Leinwand. Hier werden kontinuierlich die Quoten für jedes teilnehmende Pferd angezeigt. Je höher, desto schlechter das Pferd. Je niedriger, desto bessere Chancen werden dem Gaul eingeräumt. Die Quoten sind ständig in Bewegung, je nachdem wie viele Leute noch am Tipp-Abgeben sind.
Jetzt wird der Wett-Zettel ausgefüllt. Zuerst die Nummer des Rennens. Das können locker acht Stück sein. Dann den Einsatz: 50 Cent, 1 Euro, 2 Euro, etc. Dann die Art der Wette: auf Sieg (Gaul ist erster), auf Platz (Gaul kommt unter die ersten drei Plätze) oder auf Einlauf (mehrere Gäule laufen in bestimmter Reihenfolge ins Ziel ein). Und schließlich die Nummer des Pferdes. Mit dem Zettel läuft man nun zum Wettschalter, bezahlt und gibt ihn ab.
Jetzt läuft man rüber zur Tribüne oder einfach an den Rand der Rennbahn und wartet auf den Start. Nach ein paar Minuten ist das Rennen vorbei und man ist entweder reich geworden oder hat, was wahrscheinlicher ist, „äusserst knapp“ sein Haus und Hof verzockt.
Hilft aber alles nichts… schnell einen leeren Wettschein gezückt, rüber zum Führring gegangen und auf das nächste Rennen gesetzt. Die ganze Prozedur beschreibt auch der Frankfurter Rennclub sehr schön auf seiner Webseite: Das erste Mal auf der Rennbahn.
Es ist übrigens keine Schande, auch mal ein Rennen auszulassen und bei Bier und Bratwurst dem Getümmel zuzuschauen. So hat man auch die Muße, der Siegerehrung beizuwohnen, die reichlich unemotional geschätzte 90 Sekunden dauert. Oder im Programmheft zu blättern und nach der Verwandschaft der rennenden Gäule zu schauen. Vielleicht ist ja ein berühmter Papa oder eine schnelle Mama dabei und diese Information sollte natürlich ausgewertet werden und in das nächste Rennen mit einfließen…