Mit dem selben Fahrer, mit dem ich sonntags zuvor Pune unsicher gemacht habe, bin ich an diesem Tag nach Mumbai gefahren. Sein forscher Fahrstil wurde immer zögerlicher, je näher wir der Großstadt gekommen sind. Schließlich hat er sogar kaum noch gehupt, und das will etwas heißen. A propos Hupen – jemand hat einmal geschrieben, dass Inder sich im Straßenverkehr wie Fledermäuse zurechtfinden: durch reine Akustik. Da scheint etwas dran zu sein. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass sie konstant weiterhupen, auch wenn offensichtlich gerade Stau ist und Hupen rein gar nichts bringt.
Im Innenbereich von Mumbai dürfen keine Moppeds und Rickshaws fahren. Daher gibt es hier nur die knubbeligen schwarz-gelben Cabs, die einem Trabbi verdammt ähnlich sehen. Lustigerweise haben sie den selben Taxameterkasten wie die Rikschas, nur außen anstelle des Rückspiegels an der Beifahrerseite montiert. Klimaanlage is nich, mehr als einen Motor, eine Hupe und vier Räder hat man diesen Gefährten nicht gegönnt. Angeblich werden sie nahezu unverändert seit ca. 1940 gebaut. Mehr Infos zum Mumbaier Nahverkehr.
Die Mumbaier Außenbezirke sehen genauso aus wie die von Jakarta: hohe graue Betonburgen sind der letzte Schrei. In großen Werbekampagnen wird versucht, der neuen Mittelklasse das Leben in solchen Plattenbauten schmackhaft zu machen. Man wäre dort unter sich, die böse Welt bleibt draußen und so. Wie das in 30 Jahren aussieht, dafür bräuchten die indischen Städteplaner bloß mal nach Deutschland zu fahren. Die Straßenpenner der Zukunft werden jedenfalls reichlich Gebäude zum „Platte machen“ finden… falls sie reinkommen.
Auf der anderen Seite müssen diese Unmassen an Menschen in Indien ja auch irgendwo untergebracht werden. Es können und wollen ja nicht alle im Slum leben. „Slum“ ist auch ein ziemlicher wischiwaschi-Begriff. Manche Slum-Häuser sind richtig gemauert und es gibt auch Straßen. Aber dennoch ist es natürlich nicht unbedingt wünschenswert, dort zu wohnen.
Touristen wurden in diesen Gegenden früher angeblich nach dem Ausrauben nackt ausgezogen und dann ohne alles wieder in der Stadt abgesetzt. Soviel zu den seit „Slumdog Millionaire“ und auch davor schon angebotenen Touristen-Touren durch ebendiese Slums. Wie mir später der Taxifahrer auf dem Weg zum Flughafen erzählt hat, führt er selbst diese Touren durch Dharavi (wie der Slum offiziell heißt) seit zehn Jahren durch und alles wäre prima…
Das soll mal jemand anders ausprobieren.
P.S.: im Laufe der Zeit musste ich einige Links in diesem Artikel entfernen, da es die Seiten dahinter nicht mehr gibt. Besonders auf neon.de gab es einen exquisiten Artikel, den ein Praktikant im Lande geschrieben hat. Heute findet man auf den Webseiten des Schundblatts „Neon“ bloß noch oberflächliche 5-Zeiler von Leuten, die kaum mehr als einen Kurzurlaub in Indien verbracht haben. Es kotzt an, das zu sehen. Das Land hat mehr zu bieten als 4-jährige Prostituierte und geschockte Backpacker, so hart das jetzt klingen mag.